Calum
Mitten
in der Nacht fing plötzlich mein Handy an zu klingeln. Ich wäre am
liebsten gar nicht erst rangegangen, konnte jedoch den Gedanken, dass
irgendetwas Schlimmes passiert sein könnte, nicht verdrängen.
Murrend griff ich nach meinem Handy, welches auf dem kleinen
Nachttisch lag und blickte auf das Display. Zuerst konnte ich nichts
erkennen, da ich von dem grellen Licht geblendet wurde und ich somit
meine Augen zusammenkniff, doch nach einigen Sekunden erkannte ich
dann schließlich den Namen: 'Cait'. Sofort saß ich
kerzengerade im Bett und sah irritiert auf das Smartphone in meiner
Hand. Rief sie mich gerade wirklich an oder war das ein Scherz? Ich
hatte keine Zeit darüber nachzudenken, ansonsten würde sie wohl
möglich noch auflegen, weshalb ich den Anruf zögerlich
entgegennahm. Ich hatte verdammt Angst vor dem, was als nächstes
passieren würde. Die ganzen letzten zwei Wochen hatte ich an nichts
anderes als an sie gedacht. Ich war froh, dass sie anrief, das stand
außer Frage, aber wieso sollte sie das tun?
„Hallo?“,
fragte ich in den Hörer. „Hallöchen“, antwortete sie kichernd.
„Ähm... Cait?“, hakte ich verwirrt nach, da ich mir nicht sicher
war, ob diese Stimme wirklich zu ihr gehörte. „Nein, hier spricht
Obama“, lachte sie weiter. Im Hintergrund war laute Musik und
einige andere Stimmen, die ich allerdings keinem zuordnen konnte, zu
hören. „Na klar bin ich es du Dummerchen“, fuhr sie lallend
fort. „Cait, hast du getrunken?“, fragte ich besorgt, da sie so
etwas niemals im nüchternen Zustand gesagt hätte. „Neeeeeiiiiiin,
ich habe dich einfach nur so waaaahhhnsinnig vermisst mein Schnuggi.“
Okay, jetzt hatte ich keinen Zweifel mehr: Sie war eindeutig
betrunken. „Cait, wo bist du?“ Ich musste sie da unbedingt
rausholen, bevor sie noch irgendetwas Unüberlegtes tat, was sie
später bereuen würde. Sie nannte mir nach einer kurzen Diskussion
die Adresse und fügte dann ein „Aber pssshhht, erzähl das
niemandem“ hinzu.
*
So
schnell es ging hatte ich mich angezogen und auf den Weg zu der
genannten Adresse gemacht. Schon von Weitem konnte ich die laute
Musik hören und augenblicklich machte ich mir nur noch mehr Sorgen.
Hoffentlich war ihr in der Zeit nichts zugestoßen. Wenn irgendjemand
ihren Zustand ausgenutzt und sich an ihr vergangen haben sollte,
konnte ich wirklich für nichts mehr garantieren. Ich war zwar
nervös, schließlich sahen wir uns jetzt das erste Mal seit den
ganzen vergangenen Ereignissen wieder, aber die Sorge um sie war
jetzt einfach größer.
Als
ich schließlich vor dem Haus stand, kamen mir schon sturzbetrunkene
Teenager entgegen und überall waren irgendwelche Pärchen, die mit
einander rummachten. Die Tür stand bereits offen, weshalb ich
schnurstracks in das Gebäude ging. Der Boden war von Müll übersät
und es waren wirklich viele Leute anwesend, deshalb konnte ich Cait
nicht gleich ausfindig machen. Ich blickte mich ein paar Minuten lang
um, um mir einen Überblick zu verschaffen, ehe ich sie in der Menge
plötzlich erblickte. Sie befand sich auf der Tanzfläche, war
ziemlich am schwanken und sah total fertig aus. Schnellen Schrittes
ging ich auf sie zu und packte sie sanft am Oberarm, um sie zu
stützen. „Cait, da bist du ja. Geht es dir gut?“ Ich war mehr
als erleichtert sie endlich gefunden zu haben. Sie war zwar sichtlich
betrunken, jedoch immer noch wunderschön. Sie war immer wunderschön.
„Uhh isch kenn disch zwar nisch, aber jetzt wo ich in so einer
hüüüübschen Gesellschaft bin, geht' s mir mehr als gut“, lallte
sie und tippte mit ihrem Zeigefinger auf meinem Oberkörper herum.
War das gerade ihr Ernst? Erkannte sie mich wirklich nicht? „Wir
sollten jetzt gehen“, meinte ich und wollte sie gerade aus dem Haus
begleiten, als sie plötzlich zusammenklappte. „Cait, alles in
Ordnung?“, fragte ich sie alarmiert und kniete mich neben sie auf
dem Boden. „Isch will schlafen“, lallte sie wieder. „Aber doch
nicht hier“, sagte ich und fühlte mich dabei wie ihr
Kindergärtner. Da sie unfähig war zu laufen, legte ich meine Arme
behutsam unter ihren zierlichen Körper und hob sie dann hoch,
woraufhin sie sich sofort an meine Brust kuschelte. Wäre sie nicht
betrunken und eigentlich sauer auf mich, würden sich unglaubliche
Glückshormone in meinem Körper breit machen. Da ich aber wusste,
dass sie immer noch unheimlich verletzt war, breitete sich nur wieder
ein schlechtes Gewissen in mir aus.
Ich
wollte mich gerade aus dem Haus begeben, als sich mir plötzlich eine
Person in den Weg stellte. „Wo willst du mit ihr hin?“, fragte
diese bedrohlich und verschränkte die Arme vor der Brust. Was dachte
er eigentlich wer er ist? Na gut, das Ganze konnte jetzt vielleicht
auch so aussehen, als wolle ich Cait entführen, da mich hier ja
keiner kannte, aber trotzdem sollte sich dieser Typ nicht so
aufspielen. „Ich bin ein Freund von ihr. Sie ist stockbesoffen und
ich bring sie nach Hause“, erwiderte ich genervt. Ich hatte jetzt
wirklich keine Lust noch irgendwelche sinnlosen Diskussionen zu
führen. „Du gehst nirgendwo mit ihr hin.“ „Ben, lass ihn“,
mischte sich nun Cait ein. Der Blick des Jungens vor mir richtete
sich kurz auf sie, ehe er zur Seite trat. „Sehr aufmerksam“,
meinte ich mit einem ironischen Unterton und trat hinaus an die
frische Luft.
Ich
lief einfach nur die Straße entlang, um wenigstens erstmal etwas
Abstand von der Party zu bekommen. „Und was machen wir zwei
Hübschen jetzt noch so?“, kicherte sie und malte irgendwelche
Muster auf meine Brust. „Ich bring dich jetzt ins Internat“,
antwortete ich. „Nein, das geht nisch. Erstens habe isch meinen
Schlüssel vergessen und Sophia ist nisch da und zweitens ist der
Abend doch noch jung, lass uns weiter feiern gehen. In irgendeinen
Club oder so“, schlug sie vor. „Ich dachte du bist müde“,
entgegnete ich. „Jetzt nisch mehr“, sagte sie bestimmt. Ich hatte
wohl keine andere Wahl, ich musste sie zu uns ins Hotel nehmen.
Nicht, dass ich das nicht wollte. Himmel Herr Gott, ich wollte mehr
als alles andere in der Welt wieder neben ihr aufwachen, aber morgen
früh würde sie bestimmt nicht gerade erfreut sein, dass sie in
meinem Zimmer aufwacht. Nachher würde sie noch denken, ich hätte
sie entführt. Aber was sollte ich denn anderes machen? „Willst du
mir eigentlich deinen Namen verraten?“, hauchte sie verführerisch
und riss mich somit aus den Gedanken. Doch bevor ich etwas antworten
konnte kicherte sie: „Nein, sag nischts! Isch finde es viiiiiieeeel
besser, wenn isch disch 'Mister Unbekannt' nenne.“ Na das konnte ja
was werden. In so einem Zustand hatte ich sie noch nie gesehen. Sie
war doch eigentlich nicht der Typ Mensch, der sich jedes Wochenende
volllaufen ließ. Was war nur passiert?
*
Vorsichtig
legte ich Cait auf mein Bett und zog ihr ihre Schuhe aus. Behutsam
deckte ich sie zu und wollte mich gerade auf die Coach legen, als sie
mich an meinem Handgelenk festhielt. „Nein, bleib hier“, murmelte
sie und zog mich zu sich. „Bist du dir sicher? Ich glaub, ich
sollte lieber...“ „Leg dich einfach hin“, befahl sie mir. Ich
war mir nicht sicher, ob das Ganze hier richtig war, da ich die
Situation schließlich nicht ausnutzen wollte, doch wenn sie darauf
bestand, half es nicht mit ihr zu diskutieren und wenn ich ehrlich
war, war es auch genau das, was ich wollte. Ich krabbelte mit etwas
Abstand ebenfalls ins Bett und starrte an die Decke, da ich jetzt
kein Auge zu bekommen würde. „Weißt du was?“, fragte Cait
schließlich, doch ließ mir gar keine Möglichkeit ihr zu antworten,
da sie einfach weitersprach: „Da gibt es so einen Typen.
Vielleischt kennst du ihn ja. Er heißt Calum und ist eigentlich ein
totaaaaal mieser Kerl, weil er misch betrogen hat, aber weißt du was
das Schlimmste ist?“ Doch wieder ließ sie mich nicht antworten.
„Isch kann ihn einfach nisch hassen. So sehr isch' s auch versuche,
isch kann nisch. Isch kann noch nisch mal seinen Pullover oder sein
Armband, was er mir geschenkt hat, wegwerfen. Es geht einfach nisch“,
lallte sie verzweifelt. „Dieser Calum ist ein totales Arschloch“,
meinte ich wahrheitsgemäß, da ich wirklich so über mich dachte.
Dass sie immer noch meine Sachen besaß, versetzte mir einen Stich
ins Herz, denn erst jetzt wurde mir bewusst, dass sie wegen mir so
viel getrunken hatte. Ich war der Auslöser und diese Tatsache machte
mich innerlich total fertig. Ich hatte mir vorgenommen sie immer nur
glücklich zu machen und jetzt war ich der Grund dafür, dass ihr
Leben aus dem Ruder geriet. Jeden Tag aufs neue bereute ich meinen
Fehler, doch ich wusste, dass ich es nie wieder gut machen konnte.
Ich hatte sie einfach zu sehr verletzt, doch ich würde alles für
eine zweite Chance geben, auch wenn ich sie eigentlich gar nicht
verdient hatte. Cait war einfach mein Leben. Ohne sie erschien mir
die ganze Welt so sinnlos. Ohne sie erschien mir jede Sekunde so
qualvoll. Und ohne sie erschien mein Leben nur trostlos und grau,
doch das geschah mir auch recht so. Die letzten Tage waren die
Schrecklichsten überhaupt gewesen. Es war als hätte ich einen
fürchterlichen Entzug durchlebt. Ich hatte das Wichtigste in meinem
Leben verloren und hockte nur noch in meinem Zimmer herum, wenn wir
nicht gerade einen Auftritt hatten. Ich brauchte sie einfach an
meiner Seite, doch ich hatte es gründlich versaut und war selbst
daran schuld.
Ich
drehte mich auf die Seite, um Cait angucken zu können. Ich nahm nur
noch ihre regelmäßigen Atemzüge wahr, die mir verrieten, dass sie
eingeschlafen sein musste. „Es tut mir so unheimlich Leid. Ich
wollte das alles doch gar nicht“, flüsterte ich, strich ihr
zögerlich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und betrachtete sie
innig. Sie war so unglaublich hübsch. Ihr Anblick verschlug mir
immer wieder aufs neue den Atem. Ich hatte sie in den letzten Tagen
so furchtbar vermisst und jetzt hätte ich sie am liebsten in den Arm
genommen und nie wieder losgelassen, aber das ging leider nicht. Ich
tat ihr einfach nicht gut. Ich bereute das alles so sehr und hasste
mich dafür selbst. Obwohl sie gesagt hatte, dass sie mich nicht
hasste, wobei das auch nur an ihrem betrunkenen Zustand gelegen haben
könnte, war meine größte Angst, dass sie mir nie wieder verzeihen
könnte, was auch mehr als verständlich war. Doch egal wie ihre
Entscheidung auch ausfallen sollte, ich liebte Cait so wie ich zuvor
noch nie einen Menschen geliebt hatte und daran würde sich auch rein
gar nichts ändern.
Hallo, meine Freunde der Sonne oder auch des Mondes, je nach dem, ob ihr mehr den Tag oder die Nacht mögt! :D
Okay, ich glaube, ich leide an Schlafmangel, aber who cares?! ^^
Auf jeden Fall ist das hier das neue Kapitel (unschwer zu erkennen).
Was sagt ihr zu Calums Sicht der Dinge?
Hat er noch eine zweite Chance verdient?
Könnt ihr ihn in einigen Sachen nachvollziehen und wenn ja, in welchen?
Was glaubt ihr, wie sich Cait entscheiden wird?
Habt ihr vielleicht auch irgendwelche Fragen an mich?
Nur noch zwei Wochen und dann sind Osterferien! Wuhu! :)
Ich wünsche euch noch einen wunderschönen Sonntag und bis zum nächsten Kapitel!
Lg. Janina♥
Echt ein super Kapitel mal wieder :D
AntwortenLöschenAlso ich finde Calums Sicht wirklich ziemlich interessant...er ist einfach so süß und hat meiner Meinung nach eine 2. Chance verdient ^^
Und ich denke dass Cait am morgen darauf erstmal einen ziemlichen Schreck kriegt wenn sie neben Calum aufwacht xd
liebe grüße, Kati
Ich kann alles super nachvollziehen und ich denke, dass Cait einen ziemlichen Schreck kriegt wenn sie aufwacht. Dieses Kapitel fand ich unglaublich schön. Ich hab sogar Tränen in die Augen bekommen weil es schön war (Auch wenn es kein schöner Moment war).
AntwortenLöschenHoffe es gibt ein Happy End:-)